Kaliningrad. Etwa 250 Menschen haben am Sonnabend auf dem Platz des Sieges gegen Wahlbetrug demonstriert. Genehmigt war die Kundgebung nicht, doch viele Kaliningrader sind wütend über die offenkundigen Wahlfälschungen zugunsten der Kreml-Partei.
Die Demo auf Kaliningrads zentralem Platz direkt vor dem Rathaus sollte auch ein Zeichen der Verbundenheit sein mit den mehr als 90 russischen Städten, in denen am Sonnabend gegen die Ergebnisse der Parlamentswahlen vom 4. Dezember protestierten, die zugunsten der Kremlpartei Einiges Russland (ER) in vielen Wahlbezirken zurechtgebogen wurden.
Einige Demonstranten trugen medizinische Operationsmasken, um ihr Gesicht zu verbergen. Viele hielten Mandarinen in der Hand – das Symbol der Kaliningrader Opposition.
Die Kaliningrader Polizei hielt sich mit Repressionen allerdings deutlich zurück, hatte doch auch Putin im Fernsehen vom Recht auf Meinungsfreiheit gesprochen. Noch am Freitag hatte Miliz-Sicherheitsschef Sergej Sogorowskij angekündigt, mit einem Sondereinsatzkommando gegen ungenehmigte Protestaktionen vorgehen zu wollen. Am Sonnabend auf dem Siegesplatz „bewachten“ allerdings nur etwa 30 Polizisten die Kundgebung.
Seine Eingreiftruppe hielt Sagorowskij zwar in Bereitschaft, ließ sie aber nicht aufmarschieren – offenbar um die Stimmung nicht aufzuheizen. Eine offizielle Zahl der Demo-Teilnehmer gab es seitens der Kaliningrader Miliz ebenfalls nicht. Die Angabe sei wegen der vielen Passanten schwierig, hieß es zur Begründung.
Doch die Kundgebung war möglicherweise erst das Vorspiel zu einer weitaus lauteren Aktion. Aktivisten des Bündnisses „Ehrliche Wahl“, Initiator der Kundgebung auf dem Siegesplatz, rief mit Flugblättern zur geplanten Großdemo am kommenden Sonnabend, 17. Dezember, auf dem Wassilijewskij-Platz auf.
Unter dem Motto „Gegen die Partei der Gauner und Diebe“ wollen mehrere Oppositionsgruppen dort ab 12 Uhr ihren Protest ausdrücken. Die Flugblätter fanden am Sonnabend allerdings nur mäßigen Absatz. „Hat doch alles sowieso keinen Sinn“, winkte ein Passant ab.
Auch vermeintlich originelle Protest-Ideen des Ehrliche-Wahl-Bündnisses fanden am Sonnabend auf dem Siegesplatz allenfalls bei den Journalisten Interesse.
So konnte man stilisierte Stimmzettel ankreuzen und in eine Wahlurne stecken, sie landeten anschließend im Papierkorb. Doch zu solchen Spielchen hatte kaum jemand Lust. Zu ernst scheint den frustrierten Kaliningradern das Thema. „ER – ab in den Eimer“, stand auf einem Transparent. Ein anderes forderte: „Einiges Russland, wir fordern unsere Stimmen zurück!“
Schon Anfang der Woche hatten spontan mehr als tausend Menschen am Mutter-Heimat-Denkmal gegen den Ausgang der Duma-Wahl demonstriert. Da die Kundgebung nicht genehmigt war, löste die Polizei sie auf – allerdings schien es, als geschehe das betont gewaltfrei.
Seitdem versammeln sich am Denkmal von Mütterchen Heimat Tag für Tag überwiegend junge Leute zum schweigenden Protest. Und immer mehr Kaliningrader tragen die weiße Schleife am Revers – das neue Zeichen des Widerstandes gegen Wahlbetrug und die Übermacht der Regierungspartei.
http://www.kaliningrad.aktuell.ru/kaliningrad/im_gebiet/auch_in_kaliningrad_proteste_gegen_wahlfaelschung_223.html
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